Die Position des Deutschen Bühnenvereins
Fragen und Antworten zu den Tarifverhandlungen über Arbeitszeit und Teilzeit im NV Bühne
1. Wir brauchen eine tarifliche Arbeitszeitregelung.
Wie war die Ausgangslage für die Tarifverhandlungen dazu?
Durch das Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 13. September 2022 wird eine gesetzliche Regelung zur Dokumentation der Arbeitszeiten zwingend. Diese steht noch aus, wird aber kommen. Die Dokumentation von Arbeitszeit setzt wiederum Regelungen darüber voraus, was diese Arbeitszeit konkret umfasst.
Der NV Bühne kennt außer für künstlerisch tätige Bühnentechniker:innen bis dato keine expliziten Regelungen zur Arbeitszeit. Vielmehr leitet sich diese derzeit aus dem Arbeitszeitgesetz in Verbindung mit verschiedenen tariflichen Regelungen zu Ruhezeiten und freien Tagen, sowie - für Tänzer:innen und Opernchormitglieder - zur Länge der Proben ab. Für Solomitglieder gibt es aktuell keine tarifvertragliche Regelung zu Teilzeitarbeitsmöglichkeiten. Um diese zu vereinbaren, muss zunächst ein Konsens zur Bestimmung von Vollzeit gefunden werden.
2. Arbeitszeit wird grundsätzlich in Stunden berechnet. Der Deutsche Bühnenverein ist aber bereit, über alternative Möglichkeiten der Berechnung zu verhandeln.
Welche Ausgangspositionen hatten der Bühnenverein einerseits und die Gewerkschaften andererseits?
Der Bühnenverein hat zu Beginn der Verhandlungen vorgeschlagen, für alle NV Bühne-Mitglieder die Arbeitszeit in Stunden zu erfassen und zu regeln. Die Gewerkschaften haben für alle Darsteller:innen gefordert, die Arbeitszeit durch ein im Tarifvertrag ausgestaltetes Rahmenmodell zu strukturieren.
Der Bühnenverein hat sich bereit erklärt, mit den Gewerkschaften über die Parameter eines solchen Rahmenmodells zu verhandeln. Er hat gleichzeitig betont, dass für ihn weiterhin eine Arbeitszeitregelung in Stunden auch für Darsteller:innen in Betracht kommt.
Für uns gilt die Devise: Ein gutes Rahmenmodell ist besser als ein schlechtes Stundenmodell, aber ein gutes Stundenmodell ist besser als ein schlechtes Rahmenmodell.
Über welche Punkte eines möglichen Rahmenmodells gibt es bereits ein grundsätzliches Einvernehmen zwischen den Tarifvertragsparteien?
Ein Rahmen umfasst einen Zeitraum von 4 Stunden, in denen der:die Darsteller:in zur Arbeit herangezogen werden kann. Natürlich ist ein solcher Rahmen auch angefallen und verbraucht, wenn die in diesem 4-Stunden-Zeitraum angesetzte Arbeit (z.B. eine Probe) für den:die jeweilige:n Darsteller:in bereits nach 2 Stunden beendet ist. Ein Rahmen umfasst auch Pausen, die gesetzlich keine Arbeitszeit darstellen. Natürlich können auch zwei Rahmen unmittelbar aneinandergrenzen, z.B. bei einer langen Probe oder einer Vorstellung.
Entscheidend ist, dass „Rahmenstunden" nicht gleichzusetzen sind mit Arbeitszeit.
Wo liegen derzeit die Streitpunkte?
Zwei zentrale Themen sind umstritten: zum einen die Frage, wie viele Stunden/Rahmen für angeordnete Tätigkeiten im Theater in einer Woche höchstens angesetzt werden dürfen und zum anderen die Länge des Ausgleichszeitraums.
3. Die durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit beträgt für Solo-Darsteller:innen 40 + 4 Stunden. Die + 4 Stunden betreffen Zeiten der häuslichen Vorbereitung. In Rahmen ausgedrückt, beträgt die durchschnittliche Arbeitszeit 10 Rahmen + 1 Rahmen für die häusliche Vorbereitung wöchentlich.
Die Arbeit im Proben- und Vorstellungsbetrieb ist gekennzeichnet durch Phasen von Belastung und Entlastung. In Endprobenphasen liegt die Arbeitszeit regelmäßig über 40 Stunden bzw. 10 Rahmen. Der Ausgleich für diese Phasen findet in sogenannten Freirunden statt, in denen die Darsteller:innen nicht proben, sondern ausschließlich Vorstellungen spielen oder gar nicht eingesetzt werden.
Der Bühnenverein fordert daher, innerhalb des Rahmenmodells bis zu 15 solcher 4-Stunden-Rahmen in einer Woche ansetzen zu können. Diese Anzahl an Rahmen wird benötigt, um Darsteller:innen neben den Proben noch im Vorstellungsbetrieb zu beschäftigen.
Das ist die Grundlage des Repertoire-Theaters und dieses ist wiederum die Voraussetzung für die Beschäftigung eines Ensembles.
Über die Vereinbarung des Ausgleichszeitraums wird sichergestellt, dass sich Belastungs- und Entlastungsphasen auch tatsächlich ausgleichen. Daher bedarf es der Vereinbarung eines Ausgleichszeitraums.
4. Der Ausgleichszeitraum ist die gesamte Spielzeit, der Ausgleich von Spitzenbelastungen muss aber früher erfolgen.
Für eine bessere Planbarkeit und eine nachhaltige Entlastung nach Spitzenbelastungen sollen nach Auffassung des Bühnenvereins Spitzenbelastungen nicht nur irgendwann im Laufe der Spielzeit, sondern gezielt und früher ausgeglichen werden.
Der von den Gewerkschaften geforderte Ausgleichszeitraum von wenigen Wochen ist für den Bühnenverein dagegen nicht konsensfähig. Dieser würde nämlich ausschließen, dass Solo-Darsteller:innen nach der Beteiligung in einer Produktion in der anschließenden Folgeproduktion besetzt werden können. Damit würden Arbeitszeitregelungen Besetzungen reglementieren, was für den Bühnenverein nicht in Betracht kommt, um den Repertoirebetrieb nicht zu gefährden.
Ab wann eine Spitzenbelastung vorliegt und welchen Ausgleichszeitraum diese bedingt, ist Inhalt weiterer Verhandlungen zwischen den Tarifvertragsparteien.
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